Spielermangel von Tölz bis Wolfratshausen zwingt Vereine zur Kooperation

Gemeinsam mit dem Rivalen Fußball spielen: Vor kurzer Zeit noch undenkbar, inzwischen bleibt den Vereinen im Landkreis aber keine andere Wahl.
Viele Fußballmannschaften im Landkreis leiden unter akutem Spielermangel. Dies macht Kooperationen notwendig, die vor einigen Jahren noch undenkbar schienen: Der TSV Wolfratshausen kämpft in der neuen Saison gemeinsam mit dem TSV Königsdorf in der A- und B-Klasse um Punkte, der TSV Benediktbeuern hat sich den FC Kochelsee Schlehdorf als Partner ins Boot geholt. Zudem schließen sich die Reserveteams des SV Bad Tölz und des SC Rot-Weiß Bad Tölz zu einer Spielgemeinschaft zusammen: „Nicht einfach, wenn man sich die Historie der beiden Vereine anschaut“, sagt Hans Adlwarth, Zweiter Vorsitzender des SV. „Aber im Sinne des Fußballs bleibt uns keine andere Wahl.“
„Wir haben uns nicht mehr anders rausgesehen, als im Sinne des Fußballs diesen Schritt zu gehen.“
Die beiden Tölzer Vereine hatten in der vergangenen Saison zu kämpfen, dass sie den Spielbetrieb der Reserveteams geordnet zu Ende bringen. Der SV musste aufgrund von Spielermangel eine Partie absagen, bei den Rot-Weißen fielen aus dem gleichen Grund zwei Spiele aus. Da die Rot-Weißen derzeit kein A-Junioren-Team im Spielbetrieb haben, mussten die „Alten Herren“ immer wieder aushelfen.
Angesichts dieser Situation hätten bereits im April die ersten Gespräche stattgefunden, wie es mit den beiden Teams weitergehen könnte, sagt RW-Abteilungsleiter Benedikt Sachs. „Und über den Sommer sind die Gespräche intensiviert worden.“ Klar sei: „Wir wollen unseren Leuten eine Perspektive und Spielmöglichkeit bieten.“ Da die Verantwortlichen des SV das gleiche Ziel haben, seien die Gespräche „sehr klar und sehr harmonisch“ verlaufen. Sachs glaubt: „So eine Spielgemeinschaft wäre vor ein paar Jahren noch komplett unmöglich gewesen.“
Hans Adlwarth, 2. Vorsitzender und Reservetrainer beim SV Bad Tölz, plädierte für die Zusammenarbeit: „Wir haben uns nicht mehr anders rausgesehen, als im Sinne des Fußballs diesen Schritt zu gehen.“ Der SV verfüge zwar über eine große Nachwuchsabteilung mit knapp 300 Spielern und ein funktionierendes A-Junioren-Team, aus dem acht Spieler herauswachsen. Doch selbst dies reicht nicht aus, um alle Lücken zu schließen. So wechselt Erdem Cakir zum BCF Wolfratshausen, Lukas Hintermeier nimmt beim BCF einen zweiten Anlauf.
Alan Hassan versucht sein Glück beim TuS Geretsried. „Das tut uns richtig weh“, sagt Adlwarth. Hinzu kämen noch einige weitere Abgänge und etliche Jugendspieler, die schon im Nachwuchs zum TuS Geretsried oder dem TSV Murnau wechseln. „Echt traurig“, sagt Adlwarth, der zugibt: „Ich weiß auch nicht, wo wir ansetzen können, dass wir nicht mehr derartig viele Spieler verlieren, die wir ausbilden.“ Vor diesem Hintergrund sei es notwendig, eine Spielgemeinschaft zu bilden: „Ich hoffe, dass es hinhaut – das wäre mein Herzenswunsch.“ SV-Urgestein Dominik Hiederer übernimmt die neu formierte Reserve-Mannschaft als Trainer.
Noch weiter in der Zusammenarbeit gehen der TSV Wolfratshausen und der TSV Königsdorf: Die beiden Vereine schließen sich sowohl in der 1. als auch in der 2. Mannschaft zusammen. Auch hier ist Spielermangel der Hauptgrund. Beim TSV Königsdorf beendeten nach der vergangenen Saison gleich 13 Spieler ihre Laufbahn. Genau aus diesem Grund verzichteten die Königsdorfer auf ihr Aufstiegsrecht. Nachrücker aus der Jugend seien in den nächsten drei Jahren nicht zu erwarten, berichtet der Vorsitzende Jochen Kelzenberg.
Die Wölfe hätten von diesen Problemen gehört, „und dann sind sie auf uns zugekommen“. In einem gemeinsamen Probetraining sollten sich die Spieler kennenlernen. „Es bringt ja nichts, wenn wir im Vorstand irgendwas beschließen, und die Spieler haben keinen Bock drauf“, sagt Kelzenberg. Es habe sich schnell gezeigt, dass die Beteiligten gut harmonieren, bei der Königsdorfer Saison-Abschlussfeier waren einige Wölfe dabei. „Jetzt probieren wir es mal ein Jahr aus, und dann schauen wir, was rauskommt“, sagt der Vorsitzende. Einmal pro Woche werde in Königsdorf trainiert und einmal in Wolfratshausen: „Das Ziel ist, dass irgendwann die beiden Vereine wieder eigenständig sind.“
Alles andere als einfach sei für ihn dagegen die vergangene Saison gewesen: „Ich hab‘ 20 Leute angerufen, damit sieben Leute spielen. Für mich war klar: Das ist sinnlos, das mach‘ ich nicht mehr.“ Es sei ein größerer Kader notwendig, um durch die Saison zu kommen: „Schließlich wollen wir die jungen Spieler nicht verlieren, die nicht auf Anhieb den Sprung in die Erste Mannschaft schaffen.“ Auch in Zukunft werde es schwierig bleiben, ausreichend Spieler zu finden, prophezeit Schandl: „Es gibt immer mehr Angebote für Jugendliche, daher werden die Fußballer immer weniger.“ Hinzu komme, dass Fußball eine zeitintensive Sportart ist.
Quelle: merkur.de